Seit Tagen habe ich schon so eine Art „geistliches Sodbrennen“: Kaum schaue ich mir die Nachrichten an, stößt es mir sauer auf! Was ich da über die Piusbruderschaft lesen muß, das ist mir einfach zu viel.
Wie kann es sein, daß eine Gemeinschaft von meiner Kirche anerkannt wird, die den Gottesdienst verteufelt, so wie wir ihn feiern (ganz brav nach den liturgischen Vorgaben des 2. Vatikanischen Konzils)?
Wie kann es sein, daß ein Bischof, der den Holocaust leugnet, nicht schnellstens gefeuert wird (von wem auch immer)?
Da ich dein Mitarbeiter bin, lieber Benedikt (wenn auch nur ein ganz kleiner – auf der untersten Stufe), nehme ich mir das Recht heraus, dich an meinen Gedanken teilhaben zu lassen:
1.) Gut, ich kann mir vorstellen, daß du nicht genügend informiert warst, wie es einige hohe Stellen aus dem Vatikan haben durchsickern lassen. Aber spätestens jetzt, lieber Benedikt, wäre die Zeit, den „Not-aus-Knopf“ zu drücken – die Zeit für eine Vollbremsung – für Schadensbegrenzung. Denn das, was sich dieser „Bischof“ Williams da leistet, ist ein absolutes No-Go. Das geht gar nicht. Basta.
2.) Weiter unten findest du ein Zitat der Piusbrüder zur Alten und zur Neuen Messe (natürlich mit Quellenangabe). Nur mal so, zum durchlesen.
Meine Frage an dich: Wo werden die Grenzen gesetzt? Was ist katholisch – und was ist es nicht mehr? Ich habe persönlich kein Problem mit dem tridentinischen Ritus – auch, wenn ich auf der geistlichen Ebene herzlich wenig damit anfangen kann. Aber was würde mit mir passieren, wenn  ich behaupten würde, er wäre „ungültig“  und „nicht wirklich katholisch“???
3.) Ich frage mich auch, wo die Konsequenz bleibt: Wenn die Piusbruderschaft trotz dieser krassen inhaltlichen und theologischen Gegensätze zurück ins Boot der katholischen Kirche geholt wird – warum dann nicht auch die evangelischen Brüder und Schwestern. Die „paar“ Gegensätze lassen sich doch auch irgendwie beheben. Und zumindest wird mir von deren Seite nicht vorgeworfen, ich spiele mit dem Teufel, wenn ich Eucharistie feiere.
4.) Wenn die Aufhebung der Exkommunikation ein Akt der Liebe und der Gnade war – warum gehen wir dann nicht auch etwas großherziger mit den wiederverheirateten Geschiedenen um? DAS ist ein wirkliches Problem, das mir in der Seelsorge andauernd begegnet: Denn da sind Menschen, die ein tiefes geistliches Leben führen und unter dem Kommunionverbot leiden wie die Hunde.
Du siehst, lieber Benedikt, ich habe da einige Anfragen. Nur um’s noch mal klarzustellen: Ich liebe meine Kirche. Aber manchmal verstehe ich sie nicht. Und da gebietet mir mein Gewissen, mich auch mal aus dem Fenster rauszulehnen. Das hat übrigens einer deiner Vorgänger geöffnet: Â Johannes XXIII. Mach‘ es doch bitte nicht wieder zu…
Herzliche Grüße,
dein Mitbruder und Kaplan Carsten.
Anhang: Zitat der Piusbruderschaft zur Ritenfrage:
„Könnte man sich nicht ein friedliches Nebeneinander von Neuer und Alter Messe vorstellen?“
Nein. Beide verhalten sich zueinander wie Feuer und Eis. Die Alte Messe ist katholisch und predigt das Christkönigtum; die Neue Messe ist ökumenisch und demokratisch. Eine Koexistenz ist auf Dauer nicht vorstellbar. Das ist der Grund, warum einerseits im Raum der „konziliaren“ Kirche die Alte Messe so sehr unterdrückt und verfolgt wird, und warum andererseits die Priesterbruderschaft St. Pius X. sich weigert, die Neue Messe anzuerkennen. Erzbischof Lefebvre nannte die Neue Messe einen „illegitimen Ritus“; denn sie ist eine Mischung aus katholischen und protestantischen Elementen, sie ist keine wirklich katholische Messe mehr. Langfristig wird einer der beiden Riten verschwinden müssen. Der katholische wird es nach den Worten Unseres Herrn sicher nicht sein.
6 Antworten zu “Geistliches Sodbrennen”
Herr Kaplan
Ich schätze ihren Blog und ihre Beiträge sehr und bin seit Jahren interessierter Leser, jedoch dieser Beitrag stößt mir sauer auf. Besonders interessant (und für mich erschreckend) ist es das sie die Aufhebung einer Exkommunikation verurteilen. Es scheint sie die Exkommunikation von (schwierigen) Katholiken zu erfreuen. Auch ich bin der Meinung dass Williamson unmöglich ist, aber er ist nach allem was ich so gehört habe ist er kein Nazi. Sein abgrundtief schwaches und falsches geschichtliches Wissen kan doch nicht der Grund für eine Befürwortung einer Exkommunikation sein.
Weiters will ich darauf aufmerksam machen das z. Bsp. Hans Küng manche Dogmen leugnet (meiner meinung nach, könnte mich auch irren aber siehe Christ Sein) und trotzdem vom Papst empfangen wurde und als Priester tätig sein darf (er ist weder exkommuniziert, noch suspendiert oder?).
Mir scheint es das sie auf einem Auge blind sind. Weder FSSPX noch liturgische Verfehlungen des NOM sind Grund für mich Spaltungen zu befürworten. Auch wenn viele Gottesdienste nur mehr sehr schwer als Römischer Ritus zu erkennen sind, schrei ich nicht gleich ungültig (auch wenn sie meiner Meinung nach mögl. unwürdig sind. Denken sie einmal daran, das gerade dieser Gnadenakt des Papstes eine Änderung des Verhaltens der FSSPX zum VII ermöglchen könnte.
Die FSSPX kann dies in Freiheit immer noch ablehnen (Häretiker auf dem Stuhl Petri , jaja) und dann können wir immer noch schön exkommunizieren.
Hallo lieber Mitbruder,
Du siehst, ich schaue hin und wieder noch auf Deine Web-Seite. Und was ich da heute lese öffnet mir das Herz. Jedes einzelne Wort das ich lese, könnte ich unterstreichen und zu meinen eigenen machen. Daher heute einen kleinen Gruß und eine große Unterstützung!! Auch mir bereitet das, was zur Zeit in Rom geschieht, sehr viel Sorge. Heute morgen hat mich mein Reli-Grundkurs ziemlich gelöchert. Es viel mir noch nie so schwer wie heute, Rom zu verteidigen. Um es genauer zu sagen: Ich konnte es nicht!
Es bleibt die Hoffnung!
Liebe Grüße aus Landau
Martin
Hallo Carsten
Nur eines: Vielen Dank Carsten! Ein Priester, der deutlich Stellung bezieht, dafür Respekt. Ich sehe in manchen „Priesterbrüdern“ von Pius X. nicht in eine schwarze Seele, sondern in einen braunen Sumpf, Williamson ist zu meinem Entsetzen kein Einzelfall!
Aber zugleich muß Selbstkritik sein: Warum haben wir den neuen Messordo nicht mit Ehrfurcht behandelt, gezeigt, daß auch und gerade in dieser Form des Meßopfers, das wahre Opfer gefeiert wird? Das Problem ist, daß wir selbst unseren eigenen Vorschriften untreu geworden sind und die notwendige Reform fast vermasselt haben. Dieses ist der Vorwurf, weshalb manche, aber auch nur manche, sich den „Priesterbrüdern“ zuwenden. Dort angekommen werden sie mit intoleranten und unmenschlichen Thesen und Dogmen „geimpft“.
Man kann nur für die „Priesterbrüder“ beten, daß sie der Heilige Geist erleuchte und für die Kirche, daß sie nicht noch weiteren Schaden nimmt. Da ist man sonst leicht verzweifelt.
Und noch einmal vielen Dank für Deine klaren Worte,
Ein gutes neues Jahr und trotz alledem
Christoph Rhein
Lieber Carsten!
Gratulation zu Deinem Brief. Ich finde du bringst die Fragen und Verwirrungen, die momentan nicht nur Dir durch den Kopf gehen, auf den Punkt.
Schade, dass keine der Reaktionen auf diesen Brief hier veröffentlicht wurden.
Was das geistliche Sodbrennen (toller Ausdruck übrigens) betrifft, kann ich nur sagen, dass ich baldige Besserung wünsche.
Erst in zweiter Linie Dir, sondern in der Hauptsache den Verursachern.
Gruß das Vögelchen, die immer wieder glücklich ist, wie viel ökumene und gute, respektvolle Zusammenarbeit an der Basis doch möglich ist.
Wie schön. Der Beitrag spricht mir aus dem Herzen. Ich bin eine Wiederverheiratet geschiedene. In der Tat nicht leicht. Das ich nicht an den Sakramenten teilhaben kann ist mir schwer. Immer wieder habe ich bei den unzähligen Beiträgen über die Piusbruderschaft und die Aufhebung der Exkommunikation, daran gedacht. Aber hier einen „Vergleich“ zu ziehen hätte ich nicht gewagt.
An dieser Stelle vielen Dank!
Wie schön das der Papst die Exkommunikation aufgehoben hat, ein Akt der Liebe und der Gnade, die3 Möglichkeit für Neuanfang.
Die Piusbrüder scheinen das nicht so zu sehen und mit einem „konservativen“ Wort ausgerückt finde ich sie UNDANKBAR.
Sie bieten dem Papst weiterhin die Stirn und sind nicht wirklich bereit sich auf eine Versöhnung einzulassen.
Hi Carsten,
wenn auch etwas „spät“ aber nicht ganz unaktuell (wegen der anstehenden illegitimen Weihen der Piusbrüder am 27. Juni), zwei Dinge, die ich loswerden will:
1. Die Exkommunikation Bischof Williamson ist keine „Rehabilitierung“, wie der Schritt in den Medien oft bezeichnet wird.
Alle vier Bischöfe, deren Exkumminkation aufgehoben wurde, sind nach wie vor „ungültig“ geweiht, dürfen also ihr Bischofsamt nicht in der Gemeinschaft der Kirche ausüben (was mich, wenn ich ganz ehrlich bin, unheimlich beruhigt, wegen z.B. dem da: http://www.kath.net/detail.php?id=21576 )
Die Aufhebung der Exkommunikation war nichts anderes als ein Akt der Barmherzigkeit des Papstes, wohl in der Hoffnung, „die Härte der Herzen ein bisschen weich zu machen“. (Genug der Schlaumeierei)
Die Türe hat der Papst geöffnet, jetzt liegt es an die Piusbrüdern hindurch zu gehen. Ob sie das tun, danach sieht es momentan eher nicht aus.
Was mich ehrlich gesagt nicht verwundert.
und damit zu
2. Es gibt auffallende Parallelen zu denen, die die Piusbrüder nach eigenen Angaben als den Hauptfeind der Kirche sehen: den „Modernisten“.
Ich lese unendlich viel Hass und Hochmut in den Äusserungen des Pius-Bischofs (siehe meinen Link), es ist nicht so sehr die Linie, die er vertritt, die beunruhigt.
Es ist der abgrundtiefe Stolz. Und mir hat man gesagt, dass Stolz der grösste Dämon des Menschen ist.
Die Piusbrüder lehnen die Tradition der Kirche als Ganzes ab. Die Konsequenz daraus, wenn auch ungewollt ist, dass sie drei Dinge leugnen:
– das andauernde, ununterbrochene Wirken des Hl. Geistes in der Kirche unabhängig von den Fehlern und Sünden der Menschen
– die Autorität des Papstes, der letztendlich bestimmt, wohin es traditionsmässig langgeht
– dass Tradition niemals statisch sein kann, die Tradition der Kirche erst recht nicht, weil es eben den Hl. Geist gibt
LG
das Radieserl