„Leute!“ fluche ich. „Ihr könnt mich so langsam mal gern haben mit Eurem „Wir sagen Euch an“…“
Verwundert hebt der Hund den Kopf. „Advent?“
„Advent. Aber sowas von.“
„Besinnlich?“
„Haha. Witzig. Nicht.“
Phil bemerkt den sarkastischen Unterton in meiner Stimme. Hunde sind da sehr empfindsam.
„Sag schon. Was ist los?“
„Her uff“ platzt es aus mir raus. „Der besinnliche Advent kann mich mal.“
„So schlimm?“
„So schlimm. Weißt du“ sage ich „eigentlich müsste ich gerade voll im Adventsmodus sein. Mit nem heißen Tee auf dem Schreibtisch die Weihnachtszeit und all die Gottesdienste vorbereiten, die ab nächster Woche so anstehen. Stattdessen hocke ich da und kümmere mich um das ganze Zeugs, das gerade kaputtgeht.“
„Kaputt?“
„Jepp. Ständig klingelt das Telefon, weil was kaputtgeht. Dann heißt es „Wir sagen Euch an… die Orgel ist kaputt. Wir sagen Euch an… in Lohnsfeld und Falkenstein regnet es durch’s Kirchendach. Wir sagen Euch an… im Pfarrheim sind Lampen kaputt, die Decke in der Bücherei hängt durch, in der Kita ist der Ofen kaputt, im Pfarrhaus zickt die Heizung, in Münchweiler gibt’s nen Wasserschaden in der Kirche…“
„Naja“ meint der Vierbeiner. „Die heilige Familie musste in nem Stall entbinden. Da ist auch nicht alles so gelaufen, wie erhofft. War auch wenig mit weihnachtlichem Bling-Bling.“
„Mag ja sein“ kommentiere ich „Aber wie soll ich denn bitte kluge Weihnachtspredigen erfinden, wenn ich mich ständig um irgendwelchen Kram kümmern muss, der ausgerechnet jetzt kaputtgeht?!“
„Wie wär’s denn“ sagt der Hund mit leiser Stimme „wenn Du das irgendwie zusammenbringst?“
„Zusammenbringen?“
„Naja. Vielleicht wär das mal ein ehrlicher Umgang mit Eurem Weihnachtsfest. Anstatt einen auf „Alles ist Friede-Freude-Eierkuchen“ und „Heitschi-Bumm-Beitschi-romantischer-Advent“ zu machen, könntest Du darüber sprechen, dass Gott in eine Welt kommt, in der ziemlich wenig perfekt ist. In der ziemlich viel kaputt ist. Dass er ganz bewusst einen holprigen Start in eine holprige Welt wählt. Dass er Euch und Eure Sorgen ernst nimmt…“
„Hmmm. Da ist was dran.“ murmele ich in meinen Bart rein. „Wär halt nett, wenn ich zwischendurch ein bisschen Zeit hätte, darüber nachzudenken. Und mich nicht ständig um irgendwelche Dinge kümmern müsste, die gerade kaputtgehen…“
Phil verdreht die Augen und brummt mit tiefer Stimme „Mensch Carsten. Du bist echt ne Kartoffel!“
„Häh? Wie kommst du jetzt da drauf?“ frage ich verwundert zurück.
„Na typisch deutsch halt. Du siehst ständig nur das Schlechte und jammerst vor dich hin.“
„Ja aber…“
„Stopp“ unterbricht mich der Hund. „Lass mich doch mal ausreden!“
Ich schlucke mein „Aber“ runter und höre zu.
„Lass das Jammern mal für ne Minute sein und schau dir das Gute an.“
„Welches Gute?“
„Na… Zum Beispiel, dass gestern zwei Kleinbusse voller Kinder aus Eurer Pfarrei das Friedenslicht von Betlehem in Speyer abgeholt haben. Ihr habt ne Messdienergemeinschaft, die sowas auf die Beine stellt. Vor ein paar Jahren gab’s die noch nicht. Ist das nicht fantastisch?! Im Januar werden über 30 Kinder als Sternsinger*innen unterwegs sein und den Segen Gottes zu den Menschen bringen. Ist das nicht wunderbar? Die Kinder aus der Kita haben sich gemeldet, weil sie nen Weihnachtsbaum in der Kirche schmücken wollen. Da sind Leute, die ne kunterbunte Kirche bei Euch ausprobieren möchten. Da sind Menschen in Eurer Pfarrei, die sich mit richtig viel Herzblut und Liebe engagieren. Das ist doch nicht Nichts! Mach doch endlich die Augen auf – und schau auf das, was läuft. Nicht nur auf das, was nervig ist…“
„Uff“ sage ich und schlucke. „Wenn du das so sagst… Müsste ich vielleicht mal meinen Blickwinkel ändern.“
„Eben“ grinst Phil. „Deine Kirche wird nie perfekt sein. Da wird immer wieder was kaputtgehen. Auch im Advent. Auch dann, wenn Du’s gerade überhaupt nicht brauchen kannst. That’s life. Gleichzeitig gibt’s Dinge, die wachsen. Großartige Dinge. Die solltest Du feiern. Sie noch größer machen.“
„Und dann?“
„Dann singst Du Dein Lied. „Wir sagen Euch an… ist echt viel kaputt. Doch schaut mal her… was alles gut läuft… Freut Euch, Ihr Christen…““ trällert der Vierbeiner.
„Naja“ sage ich. „Klingt ein bissl schief. Aber ganz nett. Irgendwie.“
„Sag ich doch. Du Kartoffel.“ summt Phil, legt sich auf seine Decke und beginnt zu Schnarchen.
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