„Ihr riecht nach Glühwein. Und nach Waffeln. Mit Puderzucker.“ begrüßt uns der Hund mit leicht vorwurfsvollem Ton an der Haustür. „Zwei Stunden musste ich hier warten“ motzt er. „Wo wart ihr denn so lange?“
„In der Kirche.“ anworte ich.
„Hey! Man darf nicht lügen!“
„Ich lüge nicht. Ehrlich. Wir waren in der Kirche.“
„In der Kirche. Da gab’s Glühwein. Und Waffeln. Klar.“
Ich ziehe die Winterjacke aus und setze mich neben den Hund auf’s Sofa.
„Du glaubst mir nicht, gell?“
„In der Regel riechst du halt anders, wenn du aus der Kirche zurückkommst. Hin und wieder mal nach Weihrauch. Ok. Aber Waffeln? Habt Ihr umgestellt? Waffeln und Glühwein statt Hostien und Wein?“
„Nee, Kleiner“ kichere ich. „Aber die Idee nehm ich mal mit.“
Jetzt kichert auch Phil. „Das wär doch mal nett. Heiße Waffeln in der Winterzeit. Statt pappiger Hostien.“
„Jaja. Ich seh sie schon eintrudeln. Die Beschwerdebriefe. Über den Pfarrer, der die Eucharistie nicht ernst nimmt und so…“
„…und dann würdet ihr drüber diskutieren, ob Jesus die mit oder ohne Zimt geteilt hätte. Mit Sahne obendrauf oder ohne.“
„Eben. Deshalb bleiben wir erst mal bei den Hostien.“ sage ich.
Der Hund nickt.
„Aber warum gab’s heute den ganzen Süßkram?“ hakt er nach.
„Weil wir keinen Gottesdienst gefeiert haben, sondern ein Weihnachtslieder-Sing-Along.“
„Ein was?“
„Ein Sing-Along. Da kommen die Menschen in die Kirche, um gemeinsam Weihnachtslieder zu singen.“
„Du meinst sowas wie „Macht hoch die Tür“, „Engel auf den Feldern“ und so?“
„Genau. Oder Schlager wie „In der Weihnachtsbäckerei.““
„Moment.“ unterbricht mich der Hund. „Das ist doch gar kein Weihnachtslied. Also kein kirchliches.“
„Na und? Die Kinder haben’s gefeiert. Und die meisten Erwachsenen auch. Zwischendurch haben wir sogar getanzt.“
„In der Kirche?“
„In der Kirche. Und soll ich dir was verraten? Die war voller, als bei den meisten Sonntagsgottesdiensten. Da waren fast 200 Leute. Eine Menge Kinder und Familien. Die kommen sonst eher selten. Aber heute waren sie da. Und hatten richtig Spaß dabei.“
Phil richtet sich auf.
„Also… Wenn Du mich fragst… Dann war’s vielleicht doch ein Gottesdienst.“
„Wie meinst du das?“
„Naja. Ihr habt vielleicht nicht gebetet wie sonst. Statt Bibelstellen gab’s Adventslieder. Statt einer Predigt ne Tanzeinlage. Keine Hostien, sondern Waffeln, Glühwein und Kinderpunsch…“
„Sag ich doch. Es war ein Sing-Along. Kein Gottesdienst.“
Der Hund schnauft, weil ich ihn unterbrochen habe. Also halte ich die Klappe und warte ab.
„Die Kinder und die Erwachsenen, die da waren. Die haben gemeinsam Lieder gesungen. Lieder über’s Warten auf einen Gott, der Mensch wird. Richtig?“
„Richtig.“
„Ihr habt miteinander gefeiert, gelacht und getanzt. Richtig?“
„Richtig.“
„Ihr wart für ein, zwei Stunden eine bunt gemischte Gemeinschaft von Menschen, die sich in einer Kirche treffen und sich auf Weihnachten freuen. Richtig?“
„Richtig.“
„Ich bin ja nur ein Hund“ lächelt mein Gefährte. „Aber wenn du mich fragst, stelle ich mir einen schönen Gottesdienst ziemlich genau so vor. Mit Menschen, die gerne kommen. Die singen und sich freuen. Mit einer Message, die Vorfreude und Hoffnung verbreitet. Mit leckeren Menschenwaffeln und mit noch leckereren Hundekeksen. Da wär ich auch gern dabei.“
„Wird notiert“ nicke ich.
Phil legt sich auf meine Füße und kuschelt sich ein.
Leise beginnt er „Last Christmas“ zu summen.
„Vielleicht“ denke ich mir „hätte ich besser noch mehr Glühwein getrunken…“
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P.S.: Danke an den Gesangverein 1883 Hochstein für diesen schönen Abend.