Der größte Schatz

„Und? Wie war’s mit den Kitakindern?“
„Lass mich doch erst mal reinkommen“ entgegne ich und versuche, mich durch die Haustüre zu zwängen. Der neugierige Vierbeiner macht sich extrabreit und fragt erneut „Wie war’s mit den Kindern?“
„Super. Darf ich jetzt rein?“
„Klaro. Aber nur, wenn du erzählst, wie’s war.“
„Alter…“

Kaum sitze ich mit einem kalten Glas Wasser auf der Couch, hüpft der Hund neben mich, schaut mir tief in die Augen und wufft „Storytime!“
„Wir haben einen Schatz gefunden.“
„Was? Nen richtigen Schatz? Echt jetzt? Gold? Weihrauch? Myrrhe?“
„Das war ne andere Geschichte“ grinse ich. „Aber ja. Nen richtigen Schatz.“
„Einen, der verbuddelt war? Menno. Da wär ich gern dabei gewesen. Bin nämlich ein Buddelprofi!“
„Eher ein Trüffelschwein.“
„Hey!“

„Also ne Schatzkiste gab’s schon. Eine aus Holz.“ erkläre ich. „Die stand in der Kreuzkapelle vor dem Altar. Die Kapelle war bunt geschmückt und voller Menschen. Ganz viele Kinder, Eltern, Geschwisterkinder und unsere Erzieher*innen. Die Kinder haben getanzt und gesungen und wir haben für die Kinder gebetet und ihnen Gottes Segen für die Schulzeit gewünscht.“
„Och. Das war bestimmt schön.“ lächelt Phil.
„Es war sehr schön. Ein paar Mamas und Papas mussten sogar weinen.“
„Weil sie traurig waren, dass die Kindergartenzeit jetzt vorbei ist?“
„Vielleicht ein bisschen. Wir Menschen weinen manchmal aber auch, wenn wir uns freuen. Oder wenn wir dankbar sind.“

Der Hund denkt nach.
„Worüber haben die sich denn so gefreut, dass sie weinen mussten?“
„Ich vermute, das hat was mit dem Schatz zu tun…“

Erneut denkt Phil nach.
„Komm schon. Lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen. Was war das denn für ein Schatz, der so schön ist, dass er einen zum Weinen bringt?“
„Schau her“ antworte ich und zeige dem Hund ein paar Bilder auf dem Smartphone. „In der Kiste waren kleine Pappschachteln drin. Auf jeder stand „Gleich siehst du meinen größten Schatz der Welt“. Die Kinder haben diese Schachteln ihren Eltern geschenkt.“

„Und?“
„Die Mamas und Papas durften ihr Geschenk öffnen und reinschauen. Tja. Und dann… haben manche gestrahlt und gelächelt. Und andere hatten ein paar Tränchen in den Augen.“

Der schwarze Hund richtet sich auf und wartet voller Spannung.
„Was war denn da drin, in den Schachteln?“ will er wissen.
„Ein Spiegel. Die Mamas und Papas haben sich selbst gesehen. Weil sie der größte Schatz ihrer Kinder sind.“

„Boah. Das ist mal schön“ schnieft der Vierbeiner.
„Sag mal, weinst du?“
„Nee. Das muss an der Luftfeuchtigkeit liegen.“
„Jaja, Hase.“

„Du, Carsten?“
„Ja, Phil?“
„SO ein Schatz ist noch viel schöner als Gold und so.“
„Meinst du?“
„Auf jeden Fall!“
„Sogar besser als Leckerlies?“

Einen klitzekleinen Moment zögert der Hund. Dann springt er auf und leckt mir quer über’s Gesicht. „Jepp. Besser als Leckerlies. Aber – wo wir schon mal drüber reden: Ich könnt jetzt eins vertragen.“

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