Klatschnass steht der schwarze Hund vor mir.
Mit struppig-zerzaustem Fell.
„Lass uns hier bleiben!“ hechelt er.
Keine Ahnung, ob das jetzt eine Bitte war, ein Wunsch oder ein Befehl. Vielleicht von allem etwas. Denn hier, an unserm alten Strand, ist er einfach nur glücklich. Und mir… geht’s auch gut.
Wir stehen mitten im scheinbar endlosen Kniepsand.
Hinter uns die Dünen.
Vor uns das Meer.
Über uns strahlend blauer Himmel.
Der Horizont ist klar.
Der Wind kitzelt in der Nase.
Die Lippen schmecken salzig.
Es fühlt sich nach Freiheit an.
Nach Weite.
„Lass uns hier bleiben“ wiederholt mein Gefährte. „Echt jetzt. Das ist sooo schön hier.“
„Ach Phil.“ Ich atme tief ein, blicke gedankenverloren in die Ferne und schweige.
„Hallo! Erde an Carsten! Bist du auf Empfang?“
„Jaja. Ich hab dich schon gehört, du Wusel.“
„Was denn jetzt? Können wir bleiben?“
Ich zucke mit den Schultern.
„Ist das ein Ja?“
„Nee du. Ich befürchte, es ist ein Nein.“
Der Hund setzt sich und wirft mir einen schmollenden Blick zu.
„Warum nicht?“
„Weil unser Zuhause woanders ist.“
„Zuhause?“
„Ja. In Winnweiler. Dort ist unsere Arbeit. Unser Haus. Unser Leben.“
Phil braucht einen Moment. In seinem Kopf rattert es.
„Ja schon irgendwie. Aber unser Zuhause könnte auch hier sein.“ meint er schließlich. „Hier geht’s uns doch super. Und du bist viel weniger gestresst auf der Insel, als in der Nordpfalz.“
„Das stimmt. Könnte aber auch dran liegen, dass wir gerade im Urlaub sind. Da gibt’s nur Stress, wenn man sich selber welchen macht. Stell dir mal vor, wir würden immer hier sein. Dann wäre die Insel unser Alltag. Und auch hier müsste ich arbeiten…“
„Na und?“ interveniert der Hund. „Würdest du denn nicht hier arbeiten wollen?“
„Hmmm. Vielleicht. Wär schon ne Idee.“ murmele ich leise. „Aber wäre die Insel dann noch was Besonderes für uns?“
Große braune Hundeaugen schauen mich fragend an.
„Ich glaub, es ist ist ganz gut, dass wir nur ab und zu hier sind“ versuche ich zu erklären. „Dann bleibt die Insel etwas Besonderes. Ein Highlight. Ein Ort, an dem wir Zeit füreinander haben. Ohne all den Alltagsstress. Ohne ToDo-Listen und all den Kram.“
Phil denkt lange nach. Er steht auf und schüttelt sich.
„Du meinst wirklich, dass es besser ist, nur hin und wieder herzukommen?“
„Das meine ich. Ich glaube, manche Orte sollten Sehnsuchtsorte bleiben dürfen. Orte, die unbelastet sind. Die wir immer wieder mal besuchen können, um frische Kraft zu tanken.“
„Da ist was dran“ räuspert sich Phil. „Und ehrlicherweise würde ich unsere Waldrunden am Donnersberg ja auch irgendwie vermissen…“
„Eben“ stimme ich zu.
„Aber heute…“ ruft der schwarze Hund, bevor er mit Vollgas über den weißen Strand stürmt „heute bleiben wir noch hier!“
„Heute bleiben wir noch hier“ rufe ich hinterher und lächele.
„Und bald… kommen wir wieder.“
#gesprächemitphil #sehnsuchtsorte #amrum