DIE Predigt

„Sag mal. Hockst du etwa schon wieder an deiner Predigt für die Osternacht?“
Der Hund stupst mich von der Seite an und wirft mir einen kritischen Blick zu.
Ich fühle mich ertappt.
„Ich hab noch ein paar Stellen gefunden, die besser sein könnten.“
„Dir ist schon klar, dass du seit Tagen ständig da dran rumbastelst. Irgendwann ist doch mal gut, oder? Und in ein paar Stunden ist es eh zu spät.“
„Jaaa“ gebe ich in einem genervten Unterton zurück und tippe weiter.
„Dir ist auch klar, dass das jetzt die dritte Predigt ist, die du schreibst. Zwei hast du wieder in die Tonne gekloppt.“
„Jahaaa. Auch das ist mir klar.“

Phil schüttelt den Kopf und schweigt, während ich wieder weitertippe.
Kurz drauf räuspert er sich geräuschvoll.
„Was denn jetzt?“ raune ich ihm zu.
„Alter, bleib mal locker.“ ermahnt mich der Vierbeiner. „Merkst du nicht, dass dich das voll stresst und miesepetrig macht? Jetzt chill doch mal und lass gut sein. So übel wird sie schon nicht sein, deine Predigt.“
Ich schnaufe. Tippe die letzte Korrektur. Klicke auf Drucken und klappe den Laptop zu.
„Okay. Hast ja recht. Das muss jetzt reichen. Lass uns ein bisschen chillen.“
„Amen, Bruder.“ bestätigt Phil und führt mich aus dem Büro ins Wohnzimmer.

Auf der Couch legt sich der Hund auf meine Füße und schaut mich fragend an.
„Du, Carsten?“
„Ja, Phil?“
„Warum gibst du dir so viel Mühe mit dieser Osternachtpredigt?“
„Ich geb mir immer Mühe.“
„Klar. Aber du schreibst nicht jeden Sonntag tagelang mehrere Predigten und feilst dran rum wie ein Bekloppter.“
„Nee. Mach ich nicht. Aber weißt du… Die Osternacht ist unser größtes und schönstes Fest. Da will ich den Leuten doch was Gutes sagen. Etwas, das sie berührt. Etwas, das sie zum Nachdenken bringt. Etwas, das ihnen hilft, mit Gott in Verbindung zu kommen. Und dabei will ich möglichst viele erreichen. Die Kinder und die Erwachsenen. Die regelmäßigen Kirchgänger und auch die, die nur selten da sind. Vielleicht will ich gerade die erreichen. Die Menschen, die auf der Suche sind. Das ist doch mein Job.“

Der kleine Hund braucht einen Moment.
„Du? Das wird nix!“ sagt er schließlich.
„Na super. Danke für den emotionalen Support.“
„Nein! So war das nicht gemeint!“ sagt Phil. „Es ist nur so… Du wirst niemals alle erreichen. Das ist doch auch gar nicht dein Job. Zumindest sollte er es nicht sein. Wenn DAS dein Anspruch wäre, würdest du dich wichtiger machen, als du bist.“

„Wie jetzt?“
„Na. Hast du etwa vergessen, dass du nur ein kleines Werkzeug Gottes bist? Dass ER – und allein ER – am Ende derjenige ist, der die Herzen der Menschen berührt? Du darfst also ruhig etwas entspannter sein und Verantwortung abgeben. Dein Job ist es, authentisch zu sein. Das zu predigen und zu erzählen, was dir durch das Herz und den Kopf geht. Wenn da Zweifel und Fragen dabei sind, ist es ok. Wenn da nicht alles sauber geschliffen und auf Hochglanz poliert daherkommt, ist es auch ok.“

Ich runzle die Stirn und höre gespannt weiter zu.
„Vielleicht ist es sogar besser, wenn deine Predigt nicht perfekt ist. Das gibt den Leuten Raum, zum Nachdenken. Zum Grübeln. Dazu, deine Worte zu hinterfragen und sich ihre eigenen Gedanken zu machen.“

Der schwarze Hund macht eine kurze Pause. Schließlich ergänzt er „Solange du die Leute nicht mit frommer Soße überschüttest, sondern wirklich echt und authentisch bist; einfach ein Jünger, der sucht und fragt und glaubt und zweifelt und dabei auch mal rumstottert… wird Gott da schon was draus machen können.“

„Du glaubst, das reicht?“ hake ich nach.
„Ja. Ich glaub, das reicht. Denk dran: Du bist nur ein Werkzeug. Den Rest wird der Jesus machen. DER IST VON DEN TOTEN AUFERSTANDEN. Da wird er’s doch auch noch gebacken kriegen, durch ne einigermaßen okaye Predigt von nem Typ wie dir die Menschen zu erreichen?!“

„Danke dir.“ sage ich schließlich. „Weißt du was? Manchmal denke ich, DU solltest den Menschen von Jesus erzählen. Scheinst ihn ja recht gut zu verstehen.“
„Klaro.“ nickt Phil mit einem wissenden Lächeln „Der Jesus und wir Tiere… wir sind voll die Bros. Und weißt Du warum?“
„Warum?“
„Weil wir nicht so viele Worte machen wir ihr Menschen. Wir sehen uns einfach. Wir spüren uns. Von Herz zu Herz. Das reicht.“

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