„Tschuldigung…“
Der schwarze Hund sitzt neben meinem Bürostuhl und schaut mich mit großen Augen an. „Ja, Kleiner?“
„Ich will dich ja nicht nerven. Aber ich hätte da mal ne Frage.“
„Leg los.“
Phil räuspert sich, legt die Ohren an und ringt sichtlich nach Worten.
„Es geht um unsere Gassirunden…“
Das Telefon klingelt.
Die Pfarrsekretärin ist dran. Es gibt einen neuen Sterbefall. Den neunten innerhalb weniger Tage. Nächste Woche soll die Beerdigung sein. Ich schiebe das Trauergespräch noch irgendwo diese Woche rein. Die Tage vor Weihnachten sind nun so voll, dass ich mich langsam frage, ob ich die ganzen Gottesdienste und Predigten, die rund um Weihnachten anstehen, vielleicht Nachts vorbereiten muss. Ich zähle durch. Neun Predigten muss ich noch vor Weihnachten vorbereiten. Neun Mal den Menschen etwas über Gott erzählen. Über Glaube, Liebe und Hoffnung. Dazu die ganzen Traueransprachen. Jetzt, in diesem Moment, ist mein Kopf einfach nur leer. Aber es hilft ja nix. Irgendwie muss das gehen. Ich weigere mich, mir irgendeine fertige Predigt oder Ansprache aus dem Internet runterzuladen. Das wär zu billig. Die Leute haben mehr verdient.
Ein Räuspern.
Phil sitzt immer noch da und schaut mich mit großen Augen an.
„Ach ja. Die Gassirunden.“ erinnere ich mich.
„Ja. Die werden irgendwie immer weniger und immer kürzer die letzten Tage…“ sagt der Hund und blickt erwartungsvoll in meine Richtung.
„Ach Phil.“ antworte ich. „Ich weiß ja. Aber irgendwie steckt mal wieder der Wurm in der besinnlichen Adventszeit. Ich befürchte, du musst in den nächsten Tagen sehr viel Ruhezeit einplanen. Wenn Weihnachten vorbei ist… dann pack ich dich ein und wir fahren ein paar Tage nach Texel. Versprochen!“
„Und dann haben wir Zeit für uns?“
„Dann haben wir Zeit für uns. Für den Strand. Zum Spielen und Rennen. Zum Luft-Holen.“
Ich schaue den Hund an. Sein Gesichtsausdruck ist irgendwo zwischen traurig und hoffnungsvoll. Und mein Gewissen nagt. Wie soll das alles gehen, frage ich mich. Den Menschen gerecht werden, die Weihnachten feiern wollen? Denen, die trauern und einen guten Abschied brauchen? Dem schwarzen Fellbüschel. Und irgendwie auch mir selbst.
„Ist schon okay“ wirft Phil ein. „Hast grad viel um die Ohren. Ist mir schon klar. Die paar Tage bis Weihnachten halt ich das auch noch aus. Aber dann brauch ich wirklich ein paar Tage Zeit. Und du auch!“
„Danke, mein Freund.“
#gesprächemitphil