„Ich bin mal ein Stündchen weg“ sage ich zu Phil, der rücklings auf der Couch liegt und alle Viere weit von sich streckt. „Null Problemo. Mach mir einfach ne Folge vom Hundeprofi an.“ Ich schalte den Fernseher an, suche in der Mediathek nach der aktuellen Folge und freue mich heimlich drüber, dass mein Hund auf Bildungsfernsehen steht.
„Wo gehst du denn hin?“ will er wissen. „Zum Martinsumzug.“ Phil dreht den Kopf in meine Richtung. „Noch nie davon gehört.“ teilt er mit.
„Wir treffen uns vor der Kirche, hören die Geschichte vom Heiligen Martin und ziehen mit Laternen durch die Straßen.“ erläutere ich.
„Dieser Martin. Ist der nett?“
„Doch. Der war schon ein ganz Netter.“
„Wie? War?“
„Na der hat vor über 1600 Jahren gelebt. Er war ein junger Soldat im römischen Reich.“
„Aha. Spannende Geschichte.“ sagt Phil und dreht sich wieder weg.
Begeisterung sieht anders aus.
„Moment. Es geht noch weiter. Der Martin war nämlich einer, der Christ werden wollte.“
„Ein Fan vom Jesus also?“ fragt Phil.
„Genau das. Eines Abends war er draußen unterwegs. Im Winter oder so. Auf jeden Fall war’s eiskalt. Da hat er auf der Straße einen Bettler gesehen…“
„Einen mit Hund?“ unterbricht mich Phil. „Wie meinst das?“ frage ich zurück. „Naja. Die Bettler sind doch oft alleine. Da brauchen die doch nen Freund, der zu ihnen hält.“
„Okay. Ja. Der Bettler hat auch einen Hund dabei gehabt.“ „Was für einen?“ „Ist das wichtig?“ „Ja. Was für einen?“ „Einen Kangalwelpen.“ „Oooh. Wie süß!“ ruft mein Mischling und ist jetzt ganz Ohr.
„Da sitzen also der Bettler und sein Kangalwelpe und haben eiskalt.“ „Und Hunger!‘ sagt Phil. „Und Hunger.“ bestätige ich und erzähle die Geschichte vom Heiligen, der im Bettler den leidenden Jesus sieht und seinen Mantel mit ihm teilt, damit er nicht so frieren muss.
„Und?“ hakt mein Hund nach.
„Und was?“
„Das war doch nicht alles?“
„Wie meinst du das?“
„Du hast den Schluss vergessen!“ beschwert sich Phil und wartet gespannt.
„Ach ja. Jetzt fällt‘s mir wieder ein…“ fahre ich fort. „Bevor Martin mit seinem Pferd weiter reitet, greift er noch schnell in die Satteltasche und schenkt dem Kangalwelpen einen riesengroßen Kauknochen.“
Phil nickt zufrieden und macht es sich wieder auf der Couch bequem.
„Der Martin“ sagt er. „Das war echt ein Guter.“
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