20:15 Uhr. Die Tagesschau ist vorbei. Phil hat heute sehr aufmerksam zugeschaut. Er steht auf und hockt sich vor mich. Die Augen sind geweitet, die Ohren tief angelegt.
„Alles ok bei dir?“ frag ich ihn. „Nein. Nichts ist ok.“ antwortet er. Nach einer Denkpause fügt er hinzu „Manchmal mag ich euch Menschen nicht.“
Das sitzt.
„Aber warum denn?“
„Hast du gerade gepennt? Ständig tut ihr euch gegenseitig weh. Ihr zankt, ihr macht Krieg, ihr werft Bomben durch die Gegend, ihr tötet Unschuldige. Und dann faselt ihr irgendwas von Frieden. Aber ihr macht ihn nicht. Das ist doch echt Scheiße.“ „Phil…“ will ich antworten, doch der traurig dreinblickende Hund knurrt mich an „Moment, ich bin noch nicht fertig! Obendrein labert ihr ständig über Umweltschutz und macht gleichzeitig einfach weiter die Erde kaputt. Seid ihr blöd oder tut ihr nur so?“ Ich hole tief Luft und höre meinem wütenden Freund weiter zu. „Und ihr Deutschen habt erst recht einen Riss in der Schüssel. Da kommen irgendwelche alternativen Nazis im blauen Gewand, geben sich gar keine große Mühe einen auf brav zu machen – und ihr findet sie toll und wählt sie. Geht’s noch? Habt ihr nix gelernt?“
Ich warte ein paar Sekunden, ob noch was kommt. Vorsichtig setze ich an „Das ist jetzt schon ein bisschen unfair und verallgemeinernd von dir.“ Phil lupft die linke Augenbraue. „Verallgemeinernd? Dein Ernst?“ meint er. „Schau mal“ erkläre ich „Du hast ja Recht. Wir Menschen sind nicht so gut im Frieden machen. Ja, wir machen den Planeten kaputt, obwohl wir es besser wissen. Und ja, manche von uns sind so blöd, Nazis zu wählen. Aber es gibt doch auch jede Menge von uns, die wirklich versuchen, die Welt besser zu machen. Da sind Leute, die sich für Frieden einsetzen. Leute, die sich um die Umwelt kümmern. Und Leute, die gegen die Nazis auf die Straße gehen. Es ist doch nicht alles Schwarz-Weiß!“
Der kleine Hund denkt nach. Leise grummelt er „Vielleicht seid ihr einfach zu Wenige.“ „Das befürchte ich auch manchmal“ gebe ich zu.
Beide sitzen wir auf der Couch und starren ins Nichts. Nach einer Weile frage ich meinen schwarzen Freund „Du, Phil? Hast Du ne Idee?“ Ungläubig schaut er mich an. „Naja, weißte…“ murmelt er „…ich bin doch nur ein Hund. Ich kann die Welt nicht retten.“ „Ich auch nicht“ wende ich ein. Wieder herrscht Stille.
„Du, Carsten? Wenn wir Hunde Stress miteinander haben, gehen wir uns entweder aus dem Weg, oder wir spielen und raufen miteinander. Wär das vielleicht was für euch?“ „Hmmm… Manchmal verkloppt ihr euch auch gegenseitig und beißt zu“ ergänze ich. „Klar. Unter uns Hunden gibt’s auch Krawallbrüder- und Schwestern. Aber hast du mal von nem Hund gehört, der nen Krieg anzettelt? So blöd sind wir dann doch nicht! Wir wissen nämlich, dass Krieg sch… ist! Wir wählen auch keine Nazis. Und wir holzen keine Regenwälder ab.“
„Tja.“ sag ich. „Vielleicht hast Du ja Recht. Vielleicht sollten wir uns einfach mehr aus dem Weg gehen, wenn wir Stress miteinander haben. Oder raufen und spielen. Stell dir mal vor: Dann würden unsere Politiker miteinander über die Wiese rennen und Bällchen fangen.“
Phil kichert. „Und wenn sie dann müde sind, würden sie im Gartenhäuschen sitzen und zusammen ein Bierchen trinken. Und zack! Frieden!“
„Wär ne echte Alternative“ sag ich.
„Wuff!“ antwortet Phil. „Und jetzt mach endlich den Tatort an.“
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