Kirche mit Dir. Fast vier Jahre in Winnweiler. Ein kleines Resümee…

Im Oktober 2023 werden es vier Jahre sein, in denen ich gemeinsam mit den Menschen in unserer Pfarrei Heilig Kreuz das Leben unserer Pfarrei und Gemeinden gestalten durfte.

Eine Achterbahnfahrt

Für mich war diese Zeit wie eine rasante Achterbahnfahrt: Geprägt von der Corona-Pandemie sowie vom Krieg in der Ukraine. Geprägt vom unsäglichen Missbrauchsskandal unserer Kirche. Geprägt von den anstehenden und heftigen Einsparmaßnahmen unserer Diözese. Geprägt vom Wissen, dass unsere Seelsorgerin Gabriele Heinz das Seelsorgeteam verlassen wird – und von der Erkenntnis der letzten Monate, dass es in der nächsten Zeit wohl keine Nachfolge geben wird.

Zur Achterbahnfahrt dieser Jahre gehört neben dem „Abwärts“ vor allem auch das „Aufwärts“: In der Pandemie ist es uns gelungen, durch besondere Formate wie die Küchenkirche vielen Menschen (weit über unsere Pfarreigrenzen hinaus) eine spirituelle Heimat zu bieten. Noch heute bedanken sich immer wieder Menschen dafür, dass wir in dieser Zeit für sie da waren.

Der Krieg in der Ukraine hat dazu geführt, dass wir eine Flüchtlingsunterkunft auf die Beine gestellt haben und unter dem Titel „Helfende Hände“ eine Kleiderstube und ein Café etabliert haben. „Helfende Hände“ ist zu einer Marke geworden, die unser soziales Engagement vor Ort und in der Region bekannt gemacht hat.

Für mich kam noch ein Herzensanliegen hinzu: In den letzten Jahren durfte ich im Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) die „Kommission zur Vorbereitung der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt“ leiten – im engen Kontakt mit Betroffenen. Sprecht mich gerne persönlich an, wenn Ihr hierzu Fragen habt oder mehr wissen wollt.

Bei all dem habe ich EINS immer wieder erfahren und gespürt: 

Kirche sind wir nur gemeinsam. Hand in Hand.

Überall wo uns das gelingt, wachsen Chancen und entsteht Gutes. 
Dort, wo es uns nicht gelingt, wird Kirche krank und stirbt.

Das „Miteinander“ wird in Zukunft umso wichtiger sein. Dort, wo vor einigen Jahren noch drei Seelsorger*innen in unserer Pfarrei gewirkt haben, ist zukünftig nur noch ein Seelsorger übrig. Da liegt es auf der Hand, dass Einer alleine nicht die Arbeit von mehreren Personen leisten oder gar ersetzen kann.

Hier möchte ich etwas „persönlich“ werden.

Mir ist bewusst, dass es für manche schwierig ist, sich auf diese neuen Umstände einzulassen. Das alte Bild einer Pfarrei und Gemeinde, in der „de Parre“ überall dabei ist und mitmacht, ist schlichtweg nicht mehr lebbar. An diesem Anspruch würde ich scheitern, ausbrennen und wohl mit einem Burnout aus dem Dienst scheiden. Deshalb möchte ich für Euch transparent sein und kurz erklären, welche Aufgaben zur Arbeit eines leitenden Pfarrers gehören. In der Hoffnung, dass es dazu beiträgt, etwas Verständnis zu schaffen.

Ihr kennt das Bild vom Eisberg

Ein kleiner Teil ragt aus dem Wasser hervor; der allergrößte Teil liegt unsichtbar unter der Wasseroberfläche. Genau so erlebe ich meinen Arbeitsalltag. Es gibt Aufgaben und Tätigkeiten, mit denen ich für alle „sichtbar“ bin. Dazu gehören Gottesdienste, Aktionen und Veranstaltungen sowie gemeinsame Gremiensitzungen. Wie beim Eisberg liegt der größte Teil jedoch „unter Wasser“. Die meiste Arbeit besteht aus eher „unsichtbaren“ Aufgaben, wie Verwaltungsarbeiten, Vor- und Nachbereitung von Sitzungen und Gesprächen (auf Pfarrei-, Dekanats- und Bistumsebene), Sitzungen, Dienstgespräche und Aktionen in den Kitas, Vorbereitung von Gottesdiensten, Aktionen und Projekten. Auch ein großer Teil der seelsorglichen Aufgaben geschieht naturgemäß im vertraulichen Rahmen: Trauergespräche, Telefonate, Krankenbesuche, persönliche Gespräche,…

Im Schnitt verhalten sich diese beiden Teile etwa im Verhältnis 1 zu 4: Wenn Ihr mich unter der Woche an 10 Stunden und mehr „sichtbar erlebt“, arbeite ich zusätzlich 40 Stunden und mehr „unsichtbar im Hintergrund“. Diese Zeit bringe ich gerne ein (auch, wenn ich mir wünschte, das Verhältnis von Seelsorge zu Verwaltung wäre ein Anderes…). Gleichzeitig spüre ich, dass ich ein Mensch bin, der Grenzen hat und den körperlichen wie geistlichen Akku regelmäßig aufladen muss.

Die Chance, die ich hier sehe, ist folgende: Wir alle können (und müssen) lernen, dass Kirche und Pfarrei nicht vom Pfarrer abhängt. Im Gegenteil: Ich bin ein kleiner Teil unserer großen Gemeinschaft. Eine Gemeinschaft, die lebendig und bunt ist, wenn jede*r nach seinen und ihren Möglichkeiten etwas beiträgt. 

Nach solch einer lebendigen und kreativen Gemeinschaft sehne ich mich.

Darum: DANKE, dass DU dabei bist und mitmachst.
Mit Herz, Kopf und Händen.

Herzliche Grüße
Euer Pfarrer Carsten Leinhäuser

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