Besser als nix

In der Versammlung des Synodalen Weges wurden gestern die Handlungstexte „Der Zölibat der Priester – Bestärkung und Öffnung“ sowie der Grundtext „Priesterliche Existenz heute“ beschlossen.

Ich habe beide Texte gelesen. Vieles darin hat mich angesprochen. Immer wieder sind da Stellen, an denen ich mich auch mit meinem persönlichen Suchen, Fragen, Ringen und Leben als Priester in dieser Kirche wiederfinde und auch gehört fühle. Vieles halte ich für wichtig, richtig und mutig.

Am Ende – bleibe ich dennoch ernüchtert zurück.

Bei allem Verständnis dafür, dass die Synodalen so intensiv miteinander und um die Sache gerungen haben, bleibt auch nach mehrfachem Lesen das Bild eines Kindes in meinem Kopf, das seinen Papa an der Supermarktkasse um ein Stück Schoki aus der Greifware bittet. Das Kind ahnt bereits, dass Papa eher „Nein“ sagen wird. Schoki sei nicht gesund. Aber vielleicht gibt’s ja wenigstens ein winziges Stückchen. Besser als nix. Und dann. Gehen wir heim und spielen dort weiter…

Wo ist der Mut geblieben?
Jener aufrechte Mut, für mühsam errungene Einsichten einzustehen?

Wo ist die Freiheit der Kinder Gottes geblieben?
Jene Freiheit, mit innerer Überzeugung zu sagen: Bruder Franz, wir haben uns gemeinsam auf einen synodalen Weg der Unterscheidung gemacht. Im Nachdenken, im Ringen und im tiefen Ergründen der Zeichen der Zeit sowie im Licht des Heiligen Geistes haben wir uns drängenden Fragen gestellt.

Heute stehen wir hier.
Frauen, Männer, Bischöfe.
Glaubende. Suchende. Hoffende.

Nicht mit Bitten.
Nicht mit Forderungen.
Wir stehen hier mit EINSICHTEN.

Mit der Einsicht, dass die priesterliche Existenz in ihrer derzeitigen Form gleich mehrfachen Gefahren ausgesetzt ist, die weder ihr selbst, noch der Kirche, noch den Menschen dienlich sind. Keine gefühlsmäßige Einsicht, sondern eine wissenschaftlich erforschte und nachgewiesene.

Mit der Einsicht, dass es aus theologischer und soziologischer Perspektive Handlungsoptionen gibt, welche nicht nur Gefahrenquellen minimieren, sondern die priesterliche Existenz bereichern, stärken und attraktiver machen können.

Wir stehen hinter diesen Einsichten.

Deshalb sagen wir nicht „Bruder Franz. Denk doch bitte drüber nach, irgendwann vielleicht mal irgendwas damit zu tun. Das ist schon mal besser als nix.“ Sondern „Hier ist ein gut ausgestatteter Werkzeugkasten. Voll mit Einsichten. Voll mit Optionen. Schau ihn Dir an. Diskutiere gerne drüber; in und mit der Weltkirche. Aber stell ihn nicht an die Seite. Warte nicht zu lang. Die Zeit läuft nämlich ab!“

Da stehen wir also. Mit gemeinschaftlich, dialogisch und spirituell errungenen, theologisch tief und sauber durchdachten Fakten und Argumenten. Die beschlossenen Texte sind voll davon. Super. Doch am Ende haben wir sie im Mühen um Kompromisse an vielen Stellen glattgebügelt, mit Weichspüler versetzt und nett verpackt.

Versteht mich nicht falsch. Ich finde es sehr gut, dass es den synodalen Weg gibt. Ich bin überzeugt, dass er in vielen (nicht nur bischöflichen) Köpfen für Bewegung gesorgt hat. Da kann noch was draus wachsen. Es wird weiterköcheln, weiterreifen, weitergären, weiterwachsen. Die Texte und die Diskussionen bieten dazu jede Menge Raum. Auch, wenn manche es nicht wahrhaben wollen: Die Gedanken sind frei, haben sich schon weltweit in der Kirche verbreitet und werden weiterwirken. Das lässt sich nicht verbieten. Genauso wenig, wie es sich der Heilige Geist verbieten lässt, durch seine Kirche zu wehen. Nicht mal vom Papst lässt er sich anbinden.

Für heute bleibt mir jedoch das Geschmäckle, dass wertvolle und dringliche Einsichten und Optionen als nette Bitten verkleidet an der vatikanischen Supermarktkasse verramscht werden. Als sei „Katholische Kirche: Besser als nix“ der Slogan, mit dem wir in die Zukunft fahren wollten.

Irgendwie schade drum.

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