Islam, Islamismus, Fragen, Gedankenfetzen

„Der radikale Islamismus hat etwas mit dem Islam zu tun.“
Eine Binsenweisheit, die in den letzten Tagen in den Medien und sozialen Netzwerken wie ein Mantra wiederholt wird.

  • Es ist Fakt, dass manche Muslime im Namen ihres Glaubens unfassbar schreckliche Taten vollbringen.
  • Es ist Fakt, dass die überwältigende Mehrheit der Muslime solche Taten verabscheut.
  • Es ist Fakt, dass man den Koran so oder so auslegen kann (die Bibel lässt sich übrigens auch wunderbar verzwecken und missbrauchen).
  • Es ist Fakt, dass manche Menschen eine pauschale Verurteilung aller Muslime scharf verurteilen.
  • Es ist Fakt, dass manche Menschen im Islam eine Bedrohung sehen, gegen die es sich zu wehren gilt.

Abgesehen davon, dass die Argumente für diese oder jene Sichtweisen beginnen, sich im Kreis zu drehen, frage ich mich, wie es jetzt weitergehen soll. Die Feststellung, dass die Welt vor einem Problem steht, das dringend Aufmerksamkeit und Lösungen braucht, ist wichtig. Klar. Aber was machen wir mit dieser Feststellung? Wie gehen wir damit um?

  • Führt es weiter, in einer Endlosschleife Binsenweisheiten zu wiederholen und „den Islam“ aufzufordern, etwas zu tun?
  • Oder verstärkt die ständige Wiederholung der Tatsache, dass es im Islam gefährliche Strömungen gibt, die Ängste und Vorurteile jener Menschen, die den Islam nicht richtig einordnen können und von den Ereignissen skandalisiert sind?
  • Gelingt es uns, alle Fakten und Hintergründe vernünftig zu sammeln, einzuordnen und zu bewerten – oder begnügen wir uns damit, mit Halbwahrheiten und einseitigen Sichtweisen zu hantieren?
  • Was können wir (als Christen) tun, um die friedliche Mehrheit der Muslime vor Übergriffen und Sippenhaft zu schützen?
  • Wie können wir miteinander ins Gespräch kommen und zur Deeskalation beitragen?
  • Was können wir der braunen Gedankensuppe entgegensetzen, die in unserem Land langsam aber sicher wieder Fuß zu fassen scheint?
  • Wie können wir einer Integration / Inklusion muslimischer Einwanderer in unsere Gesellschaft Vorschub leisten?
  • Bleiben wir beim Trauern, beim Diskutieren, beim Schimpfen, beim Fordern, beim Abgrenzen, beim Wiederholen von Gedanken, die schon jeder kennt – oder sind wir auf der Suche nach Wegen, die unsere Welt vorwärtsbringen?

Schließlich die wichtigste Frage: Wofür stehen wir – Was wollen wir? Eine klare Grenzziehung zwischen Muslimen und dem Rest der Menschheit – oder ein Nebeneinander und Miteinander, das Menschen aller Religionen und Kulturen genügend Lebensraum und Luft zum atmen lässt?

Nebenbei: Papst Franziskus ist gerade in Sri Lanka und tritt dort deutlich für ein gutes Miteinander, für Frieden und für interreligiösen Dialog ein.

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2 Antworten zu “Islam, Islamismus, Fragen, Gedankenfetzen”

  1. Die grösste Zahl der Opfer der Islamisten sind Muslime. Abgeschlachtet, gefoltert, als Sklaven verkauft.
    Der Islamismus ist eine totalitäre, verbrecherische POLITISCHE IDEOLOGIE – das darf man nicht ausser acht lassen.
    Ihn zu bekämpfen ist äusserst schwierig – denn das berührt in einem erheblichen Maß auch wirtschaftspolitische und aussenpolitische Interessen. Das gilt es abzuwägen.
    Aus den Emiraten am Golf und aus Saudi-Arabien kommen viele Investoren und auch viele zahlungskräftige Kunden deutscher und europäischer Unternehmen. Diese Kunden kaufen hier Hochtechnologie ein – und bezahlen ihre Rechnungen pünktlich. Die westliche Welt ist existenziell auf die garantierte und sichere Passage durch das Rote Meer und am Horn von Afrika angewiesen. Auf dieser Passage finden Waren aus Fernost ihren Weg nach Europa. All das kann und darf man nicht durch politische Eseleien aufs Spiel setzen, die eine gravierende Wirtschaftskrise zu Folge hat)* – wir würden den Ast absägen, auf dem wir selber sitzen.

    Es ist also Fingerspitzengefühl angesagt; Massnahmen wollen wohl durchdacht und gut überlegt sein. Politik ist hochgradig komplex – erst recht in einer Welt der globalisierten Wirtschaft und der globalisierten Warenströme.

    ______________

    )* Mein Frage an die Populisten und anderen Esel rund um PEGIDA ist immer die:

    „Zahlt Ihr das Kurzarbeitergeld oder das Arbeitslosengeld, wenn Grossunternehmen, wie Airbus oder die auf Spezialschiffbau spezialisierten Werften an der Küste Insolvenz anmelden und Massenentlassungen vornehmen müssen, weil sehr wichtige Kunden aus Verärgerung abspringen?“

    Die Antwort ist meist dieselbe:
    „Ist mir doch egal.“

    Was ich erlebe: ein erschreckendes Maß an mangelnder politischer Bildung.

  2. Lieber Pfarrer Leinhäuser, wollte ich Ihnen mal zeigen. Versuche einen geeigneten Text zu entwerfen, der meine Gefühlslage – mühsam genug – möglichst konstruktiv widerspiegelt und vielleicht den einen oder anderen „christlichen“ Blogger in seinem gender / homohassenden und nationalreligiöselnden Geschreibsel innehalten läßt. Es geht um die unfassbaren Grausamkeiten des „IS“. –
    „Und angesichts solcher Zustände haben „Christen“ Zeit darüber nachzusinnen, wie denn nun das eine Genital zum anderen kommt, ohne daß die Ordnung des Kosmos gestört werde…
    Trotz Ihrer objektivistischen Religionsauffassung habe ich bei Ihnen, …, den Eindruck einer gewissen menschlichen Beherztheit und halte Sie für in der Lage zu verstehen, was ich meine.
    Wir sehen bei der „IS“ Menschen, die offensichtlich böse geworden sind, unglaublich böse. Und wenn man einen derartig bösen Menschen noch böser macht, geht letztlich noch mehr kaputt. Einem tobenden Psychiatriepatienten wird man in irgendeiner Weise ein Angebot machen, das ihn irgendwie etwas ruhiger werden läßt, wie auch immer. Ein Psychiater, der ihn mit einer Bemerkung weiter reizen würde, selbst wenn diese Bemerkung faktisch einen richtigen Inhalt hätte, wäre seines Amtes nicht würdig. Um wieviel wichtiger wäre es bei einer derartig schweren kollektiven Psychose, wie wir sie im Orient sehen, alles zu tun, den gewaltverwirrten Leuten dort einen Anlaß zu bieten, irgendwie wieder ein wenig zu sich zu kommen, ihnen zu vermitteln, daß sie das was sie tun nicht endlos weiter tun müssen. Kein Kind kommt auf die Welt um einem anderen Menschen Körperteile abzuhacken, irgendetwas muß also erschreckend falsch gelaufen sein. An dieser Stelle könnte man ein Verständnis auch für das schlimmste menschliche Gegenüber entwickeln. Vielleicht haben wir selber ja auch Anteil daran, in welcher Form auch immer, daß dieser Mensch so böse ist – der „Balken“ ist laut Jesus immer im eigenen Auge, der „Splitter“ steckt beim Nächsten drin…
    Patzt man einen solchen Menschen jedoch zu allem Überfluß auch noch mit religiösen Ab – und Ausgrenzungsparolen an, erklärt man seine eigene Religion für höherwertiger als jene dieses armen Teufels, der wahrscheinlich den letzten Rest seines Selbstwertgefühls aus seiner religiösen (Gruppen – )Identität bezieht, wird man ihn wohl vollends in weißglühende Raserei treiben – zum Schaden für alle Beteiligten und Unbeteiligten. Und was wird aus ihm, sollte er irgendwann einmal ruhiger geworden sein, liebesfähiger, und zu fühlen beginnt, was er da eigentlich angerichtet hat? Für diese Zustände fand man wohl einst das Wort „Hölle“…“
    Gruß

Dein Senf…