Church-Marketing: Werbung für Jesus

Priester. Eventmanager. Reiseveranstalter. Designer. Politiker. Erfahrungen in den Bereichen Social Media, Marketing und Zeitmanagement.
Ungefähr so müsste der Titel der Stellenausschreibung für meinen Job aussehen. Studiert habe ich nur die Theologie – aber man lernt ja nie aus. Ein recht umfangreicher Bereich verbirgt sich hinter dem Schlagwort „Marketing“: Da die Angebote meiner Referate auf Bistumsebene laufen, müssen Sie ja irgendwie bei der Zielgruppe ankommen.

Wie erreiche ich junge Menschen?

Auf Pfarreiebene läuft das recht unkompliziert: Es gibt ein Angebot (z.B. die Messdienerfreizeit oder den Ausflug des Jugenverbandes). Dieses wird direkt beworben – Face to Face. Man redet drüber und wirbt sich gegenseitig. Die GruppenleiterInnen oder SeelsorgerInnen sprechen die Jugendlichen an und laden sie ein, dabei zu sein. Läuft.
Auf Bistumsebene fehlt der direkte Kontakt zunächst. Eine der ersten Fragen, die vor zwei Jahren an meiner neuen Arbeitsstelle aufgetaucht sind, war: „Wie erreiche ich die jungen Menschen?“

Drei „Marketingstrategien“ gab es bereits: Rudimentäre Newsletter, den Pfarreienversand per Post und Homepages. Jeder dieser Wege bringt Chancen und Risiken mit sich.

  • Die Newsletter sind ein praktischer Weg der direkten Ansprache. Das Risiko dabei ist, dass sie recht schnell veralten und eben nur die Personengruppe erreichen, die eingetragen sind.
  • Die Homepages sind wichtige Anlaufstellen für junge Leute, die sich selbst informieren wollen. Für viele sind sie jedoch nicht auf dem Schirm und haben damit nur eine begrenzte Reichweite.
  • Per Pfarreienversand gehen Drucksachen (Plakate, Flyer, etc.) an jede Pfarrei im Bistum. Das Potential ist groß. Manche SeelsorgerInnen oder GruppenleiterInnen geben die Infos aktiv und gezielt an ihre Gruppen oder an einzelne Jugendliche weiter. Danke!
    In vielen Fällen (und das ist das große Manko am Pfarreienversand) landen die Infos jedoch in der Ablage P, werden vergessen oder gehen in den Papierstapeln unter. Schade. Denn bei fast jeder Veranstaltung sprechen mich junge Leute an und sagen, dass die Flyer etc. nicht bei ihnen angekommen sind…
    Ein weiterer Aspekt sind die Kosten für Drucksachen, die sich schnell zu ansehnlichen Beträgen summieren.

Versandgeschichten…
Ein unlösbares Problem konfrontiert mich immer wieder durch die Rückmeldungen der KollegInnen: Für die Einen ist es viel zu viel Papierkram, der auf dem Schreibtisch landet – für die Anderen ist es zu wenig. Die Einen wollen am liebsten alles per Post – die Anderen wollen eine Mail und alles Online. Egal, wie man’s macht (selbst, wenn ich beide Wege gleichzeitig beschreite) hagelt es Beschwerden von der einen oder der anderen Gruppe (und jeder weiß natürlich besser, wie’s geht)…

Facebook
Da ist noch eine vierte Marketingstrategie: Facebook.
Oh-oh – ich höre schon das Stöhnen und sehe die sich zum Einspruch hebenden Finger: Facebook ist böse, gemein, fies, sammelt Daten,…
Schon klar. Facebook ist kein Allheilmittel. Aber: Genau dort tummelt sich meine Zielgruppe. Genau dort sind (die meisten) jungen Menschen, tauschen sich aus, lesen mit, versorgen sich mit den neuesten Infos und erzählen sich, was IN und was OUT ist.

Ich habe beschlossen, Facebook in meine Arbeit einzubinden – mit wachsendem Erfolg. Zwei Grundsatzentscheidungen standen am Anfang: 1.) Trenne ich nicht zwischen privatem und dienstlichem Account. Das ist manchmal anstrengend, bringt aber eine Chance mit sich: Ich bin nicht als „Funktionär“ im Social Network unterwegs, sondern als Mensch und Priester. 2.) Die Jugendlichen „adden“ mich – nicht umgekehrt. Sie entscheiden, ob sie mich in ihrem Kontaktkreis haben wollen oder nicht. Bis auf wenige gut begründete Ausnahmen halte ich mich strikt an dieses Vorgehen, um Mißverständnissen etc. vorzubeugen.

Roadmap

Für die meisten Veranstaltungen habe ich eine „Roadmap“ entwickelt, die sich mittlerweile ganz gut eingespielt hat.

  1. Die Veranstaltung: Sie wird geplant und ausgearbeitet. Die Eckdaten und Ziele müssen stehen.
  2. Design & Slogan: Ich versuche, ein möglichst ansprechendes Design für die Veranstaltung zu entwickeln. Das kostet Zeit, macht mir aber jede Menge Spaß und ist m.E. grundlegend für den späteren Erfolg der „Werbung“. Denn ein (für mich gut nachvollziehbares) Motto junger Menschen ist „wenn etwas Scheiße aussieht, habe ich keinen Bock, dabei zu sein“.
  3. Medien: Das Design wird auf die verschiedenen „Vertriebswege“ hin angepasst. Grafiken etc. müssen für die Homepages, Facebook und den Druck optimiert werden.
  4. Veröffentlichung: Bei größeren Veranstaltungen nutze ich das komplette Programm: Es gibt Flyer und Plakate für den Pfarreienversand, Homepageeinträge, Newslettermeldungen und Pressemitteilungen.
  5. Facebook – führe ich hier aufgrund seiner besonderen Stellung extra auf: Der vorerst letzte Schritt für mich in der Werbekette ist das Teilen einer Statusmeldung (i.d.R. mit dem passenden Facebookevent). Die Erreichbarkeit der Zielgruppe ist hier am größten. Jugendliche in meiner Timeline erreiche ich direkt. Wenn eine solche Statusmeldung von Jugendlichen geliked oder gar geteilt wird, ist die Sache rund. Was Besseres kann mir gar nicht passieren, als wenn die jungen Leute selbst ihren FreundInnen sagen „Schau mal, das hier ist ein interessantes Angebot“…

Ein Beispiel: Taizé 2012
Dass die „Roadmap“ funktioniert, habe ich diese Tage wieder mal sehen dürfen: Für eine Taizéfahrt im Herbst habe ich im Internet und per Facebook geworben. Die Flyer sind noch nicht in den Pfarreien, da der Versand monatlich statt findet. Trotzdem haben sich schon jetzt 7 Jugendliche über Facebook, Homepage und Co. angemeldet. (Da kürzlich die Frage aufgetaucht ist: Somit sind wir bei 9 TN, 5 davon aus Jugendverbänden).

„Marketing etc.“ – darf man das so sagen?
Manch eine/r mag sich an den hier verwendeten Begriffen „Marketing“ und „Zielgruppe“ stoßen. Ich denke, diese Begriffe passen trotzdem ganz gut – denn genau darum geht es doch: Unser Job ist es, die frohe Botschaft Jesu weiterzusagen. Wenn dabei einzelne Methoden aus der Werbebranche hilfreich sind, warum sollte ich sie dann nicht nutzen? Die Zielgruppe ist hierbei recht genau umrissen: Ich arbeite für Kinder, Jugendliche und Multiplikatoren in der Messdienerarbeit sowie für Jugendliche und junge Erwachsene, die auf der Suche nach ihrer Berufung sind.

Werbung ist gut – aber auf den Inhalt kommt’s an…

Die ganze Marketingstrategie, die ich hier beschreibe, funktioniert natürlich nur, wenn zwei grundlegende Bedingungen erfüllt sind:

  • Die Inhalte, die transportiert werden, müssen junge Menschen ansprechen, begeistern und anstecken können. Die Botschaft kann noch so froh sein (tolles Wortspiel ;)), wenn ich sie an der Zielgruppe vorbeitransportiere oder sie langweilig präsentiere, kann ich es auch gleich sein lassen.
  • Ebenso wichtig ist das Thema Authentizität. Junge Menschen spüren sehr genau, ob ihr Gegenüber eine Show spielt oder ob er echt / authentisch ist. Sie erkennen schnell, ob ich nur mein Produkt vermarkten will, oder ob es mir um die Bedürfnisse, Wünsche und Vorstellungen der jungen Leute selbst geht.

Mein Fazit: Die Wahl der „Marketingstrategie“ sollte gut überlegt und an der Zielgruppe orientiert sein. Diese fällt am Schluss nicht nur ihr Urteil darüber, ob die „Werbung“ für sie ansprechend ist, sondern auch darüber, ob die dahinterstehenden Inhalte und der Anbieter passen und interessant sind.

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Eine Antwort zu “Church-Marketing: Werbung für Jesus”

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