Über ein Monat ist seit meinem letzten Blog-Eintrag vergangen. Hier bin ich wieder – Urlaubsreif und mit leicht zerhackter Hand. Aber fangen wir von vorne an:
Am 24. Juni war mein einjähriges Weihejubiläum. Ein Jahr Priester. Krass, wie schnell so ein Jahr vergeht.
Es gibt Tage, an denen ich das komplette Leben im „Schnelldurchlauf“ erfahre und begleite: Taufe, Ehegespräch, Geburtstag, Krankensalbung, Trauergespräch und Eucharistiefeier. Da gilt es, innerhalb von wenigen Minuten „umzuschalten“: Von Freude und Glück zu Angst und tiefer Trauer. Ständig ist was los. Wenn im Terminkalender mal eine Lücke sein sollte, kommt kurz vor knapp garantiert noch ein Termin rein.
So ist mein Fazit nach einem Jahr als „Erntehelfer Jesu“ mit ganz unterschiedlichen Eindrücken gefüllt:
Zuerst einmal bin ich von Herzen dankbar, daß er mich gerufen hat. Ich bin gerne Priester und habe einen Job, der garantiert niemals langweilig wird. Langsam beginne ich, wirklich zu begreifen, was das Konzilsdokument „Gaudium et Spes“ meint, wenn es sagt: „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, […] sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi.“ Ich begegne Menschen in allen Lebenslagen – freue mich mit ihnen und trauere mit ihnen.
Das bedeutet aber auch, daß es keinen „Feierabend“ gibt: Bei meiner Arbeit als Chauffeur und Testfahrer habe ich bis zu 18 Stunden am Stück gearbeitet – und dann war Schluss. Wenn ich jetzt Abends oder Nachts nach Hause komme, nehme ich die Menschen sozusagen mit, die mir tagsüber begegnet sind. Da komme ich manchmal schon an meine Grenzen und bin fix und fertig.
Gott schenkt mir etliche schöne und glückliche Momente – und er zeigt mir meine Grenzen: Es gibt Menschen, die ich einfach nicht erreiche. Ich begegne Vorurteilen und Mißtrauen. Ich bin traurig und hilflos, wenn „Politik“ betrieben wird – und von der Liebe Gottes wenig zu spüren ist.
Ich denke, Gott will mich dadurch vor all zuviel Hochmut schützen. Seine Botschaft an mich: „Hey, Carsten – es ist nicht DEIN Job, die Welt zu retten: Dafür habe ich schon meinen Sohn geschickt! Du aber geh‘, und bringe mein Wort zu den Menschen; so, daß sie es auch verstehen.“
Mit jedem Tag wird mir klarer, wie sehr ich dabei Gottes Geist brauche und daß ich aus eigener Kraft nichts erreichen kann. Mittlerweile habe ich mir angewöhnt, vor Predigten und manchen Begegnungen ein kurzes Stoßgebet zu sprechen: „Heiliger Geist, jetzt bist DU dran. Danke!“ Ob ihr mir glaubt oder nicht: Das klappt wunderbar! Gottes Geist lässt sich nicht lumpen – und das finde ich echt cool 😉
So viel zu meinem Fazit nach einem Jahr als Priester. Jetzt habe ich erst mal zwei Wochen Urlaub – Danke, Herr!
In den nächsten Tagen (vielleicht schon heute) werde ich euch von unserer Messdienerfreizeit in Südtirol berichten: Von einer Woche mit viel Spaß – aber auch Streß; von Wanderungen und Sonnenbrand; von Wasserschlachten und Küchenchaos. Und davon, daß Äxte eine gesundheitsschädliche Wirkung auf Kaplanshände haben…
2 Antworten zu “Bin noch da…”
Hey Carsten,
es macht immer wieder Spaß die neuen Einträge hier zu lesen. Vor allem geben sie mir Hoffnung, dass Kirche nicht nur aus geistlichen besteht, die mit einem selbst erbauten Wolkenschiff schon durch die Lüfte schweben und unereichbar sind für die Gläubigen.
Danke und dir nun einen schönen Urlaub!
Stefan
Hallo Carsten,
Deine Weihe war schon vor einem Jahr? Wahnsinn!!! Wie die Zeit vergeht! Es freut mich aber sehr, dass es Dir gut geht als Priester! Ich wünsche Dir viele Gnaden!
Die größte Hilfe in einer Situation, in der einem alles über den Kopf zu schwappen scheint, ist – nach all dem, was ich gehört, gelesen und selber erlebt habe -: Beten, beten, beten. Das ist das, was alles trägt und alles hält und Kraft gibt. Aber das hast Du ja beim Heiligen Geist schon gesehen… 😉
Gottes Segen Dir und Deiner Familie,
Petra